Sonntag, 30. Dezember 2012

Lernen durch Gewöhnung - Habituation


Auf ein Lebewesen strömt eine große Menge an Reizen und Informationen ein. Um dieser Überbelastung entgegenzuwirken blendet der Organismus vorhandene Reize aus, um sich so an sie zu gewöhnen. Dabei werden die Reize zwar ausgelöst, doch die Reaktion bleibt aus. Dies geschieht erst nach mehrmaliger Wiederholung.
Der wesentlichste Unterschied zwischen der Gewöhnung und der Habituation liegt bei den bedingten und unbedingten Reflexen. Während sich die Habituation nur auf unbedingte Reflexe bezieht, kann sich die Gewöhnung auf beide Arten von Reflexen beziehen.
Bedingte Reflexe sind nicht angeboren Reflexe, die erlernt werden. Unbedingte Reflexe sind angeboren und entweder bei der Geburt schon komplett ausgebildet oder werden während des Lebens entwickelt.

Die Habituation ist eine, meist unbewusste Art des Lernens. Habituation geschieht, wenn der Körper einem immer wiederkehrenden Reiz ausgesetzt ist, welcher sich als unbedeutend erweist. Die Reaktion wird immer schwächer und bleibt nach einiger Zeit meistens völlig aus.

Wir wohnen in der Nähe vom Flughafen. Am Anfang haben wir den ständigen Fluglärm als störend empfunden, doch heute haben wir uns, unbewusst, an ihn gewöhnt. Er ist nicht wichtig und wir blenden ihn aus.

Ein wesentliches Problem bei der Habituation liegt in der Unterscheidung zwischen Ermüdung und Gewöhnung. Wann gewöhnt sich der Körper und wann beruht das Nachlassen der Reaktion auf einer Schwäche des Körpers?

Ihr Hund läuft Ihnen immer entgegen, wenn Sie die Tür aufschließen. Er springt an Ihnen hoch und bellt, doch wenn er immer wieder ignoriert wird, wird er merken, dass Sie, auch nach mehrmaligem Anspringen nicht an ihm interessiert sind. Schließlich wird er Ihnen nicht mehr entgegenkommen, sondern dort verweilen wo er ist. Ist dies nun eine Habituation oder einfach nur die Trägheit des Hundes?

Diese Frage lässt sich anhand von bestimmten Eigenschaften, die nur bei der Habituation auftreten, klären:

Habituation ist reizspezifisch.
Die Habituation bezieht sich nur auf einen bestimmten Reiz. Alle anderen Reize können gleichstark ausgeführt werden. Wären alle anderen Reize geschwächt, wäre die Reaktion auf die Ermüdung des Körpers zurückzuführen.

Wenn sie nun ihren Hund zu sich rufen und er schwanzwedelnd, so wie immer, auf sie zu gerannt kommt, wissen Sie, dass es nicht an seiner Trägheit lag. Somit wurde seine Reaktion auf Ihr nicht beachten habituiert.

Habituation ist reaktionsspezifisch.
Ein Reiz kann mehrere Reaktionen haben. Es kann aber nur eine habituiert werden. Das heißt, wenn eine Reaktion habituiert wurde, müsste die andere Reaktion in ihrer normalen Stärke auftreten.

Wenn Sie ihrem Hund etwas zu essen hinstellen, wird er sofort hinrennen und essen. Wenn Sie ihm dann über das Fell streicheln, wird er kurz den Kopf heben, da er angefasst wurde, doch nach wenigen Sekunden wird er den Kopf wieder senken und weiter fressen. Er merkt dennoch weiterhin, dass sie ihn streicheln. Das Kopf heben des Hundes wurde habituiert, doch er nimmt die Streicheleinheiten unvermindert stark wahr.


Bei der Habituation unterscheidet man zwischen zwei Zeiträumen.


Bei der Lang-Zeit-Habituation kann der Effekt bis über Wochen und Monate hin anhalten.

Sie stehen vor einem Gemälde und sehen es zum ersten Mal. Sie werden mehrere Minuten davor stehen und es gründlich betrachten. Sehen Sie das Bild nach Wochen oder Monaten erneut, werden Sie ihm nicht mehr so viel Aufmerksamkeit schenken wie am Anfang, da Ihnen das Gemälde bereits bekannt ist. Ihre Reaktion wurde habituiert.  

Der Effekt bei der Kurz-Zeit-Habituation ist bereits nach wenigen Stunden nicht mehr vorhanden.
Der Unterschied zwischen den beiden Zeiträumen ist der sogenannte Spontanerholungseffekt. Dieser Effekt tritt nur bei der zeitlich kürzeren Dauer auf.
Während dem sogenannten „time-out“ wird der Körper dem Reiz eine gewisse Zeit nicht mehr ausgesetzt. Wird nun der Körper diesem Reiz abermals ausgesetzt, tritt die, nun nicht mehr habituierte Reaktion in verstärkter Form auf.

Sie sind auf einem Konzert. Die Musik ist sehr laut. Am Anfang werden Sie diese Lautstärke für störend empfinden, doch nach kurzer Zeit haben Sie sich daran gewöhnt. Wenn sie aber nun in der Pause nach draußen gehen und einige Minuten dort verbringen (hier erfolgt der Spontanerholungseffekt), hören Sie nur die „normalen“ Geräusche von draußen. Wenn das Konzert weitergeht, werden Sie die laute Musik erneut als störend empfinden, weil sich Ihre Ohren kurz zuvor an die normale Lautstärke gewöhnt haben.


Synaptische Vorgänge beim Prozess der Gewöhnung


Die Aktionspotenziale werden an Synapsen im Kleinhirn weitergegeben. Dies geschieht mit Hilfe des Transmitters Glutamat, welches an den Rezeptor der postsynaptischen Membran andockt. Somit wird ein Na+ Einstrom und ein K+ Ausstrom ausgelöst und ein Aktionspotenzial gebildet. Wenn jedoch sehr viele Aktionspotenziale die Synapse erreichen wird durch die verstärkte Glutamatausschüttung noch ein weiterer Rezeptor aktiviert, der dann über eine Stoffwechselkaskade in der postsynaptischen Membran den Ionenfluss am ersten Rezeptor unterbindet. So wird dafür gesorgt, dass bei vielen ankommenden Aktionspotenzialen die damit verbundenen Informationen nicht weitergeleitet werden. Diese Reaktion auf immer wiederkehrende Impulse kann als Gewöhnung aufgefasst werden.



Was hat Sucht mit Gewöhnung zu tun?


Sucht ist eine krankhafte und zwanghafte Abhängigkeit von Stoffen, wie zum Beispiel Alkohol.
Als Gewöhnung  wird die physische Bindung an ein Suchtmittel bezeichnet.
Wer regelmäßig Alkohol konsumiert, gewöhnt sich sehr schnell an die Wirkung. So wird Alkohol schnell in den Alltag mit eingebunden, beispielsweise wenn man mit Freunden zusammen ist, nach einem stressigen Tag usw. Je mehr sich diese Gewohnheiten in den Alltag einbringen, desto schwieriger ist es, sich von ihnen zu lösen. Denn, wie oben beschrieben, führt das Wiederholen von bestimmten Verhaltensweisen zu bestimmten Reaktionen. Bei der Sucht ist die Gewöhnung natürlich ein negativer Faktor, da es sich hierbei nicht um unwichtige Informationen handelt, sondern um ein einfaches Gewöhnen an den Alkohol. Da beim Alkoholtrinken Glückshormone (Dopamin und Endorphine) ausgeschüttet werden, merkt sich das Gehirn, dass der Effekt von Alkohol eine positive Wirkung hat. Dadurch steigert sich das Verlangen nach immer mehr Alkohol.

Quellenangabe
http://de.wikipedia.org/wiki/Habituation#Habituation_beim_Menschen
http://www.hilfreich.de/gewoehnung-eigenschaften-von-habituation_10192
http://www.kmdd.de/jugendliche-was-ist-sucht.htm
https://www.kenn-dein-limit.info/gewoehnung-an-alkohol.html
PDF-Datei Bau und Funktionen von Nervenzellen - Lernen durch Gewöhnung

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